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Predigt von Erzbischof Zollitsch

Wir dürfen nicht aufhören, groß vom Menschen zu denken

Liebe Schwestern, liebe Brüder!

Es besteht kein Zweifel: Wir erleben momentan eine Phase der Enttäuschungen, eine Zeit zerbrechender Illusionen. Viele sind zutiefst verunsichert und schauen skeptisch in die Zukunft. Man wird den Eindruck nicht los, dass das Grundvertrauen in nicht wenige Verantwortliche in Gesellschaft, in Wirtschaft und Politik mehr und mehr verdunstet und mitunter ganz verschwindet: Bespitzelung in Unternehmen, Wirtschaftskrise, Amoklauf und weiterhin Hunger, Armut und Krieg auf dieser Erde. – Wie lässt sich da Ostern feiern, wie die Botschaft vom Sieg über Leid und Tod verkünden, wenn die Realität, die wir um uns herum wahrnehmen, eine ganz andere Sprache zu sprechen scheint? Der schwarze Faden der Krise ist schnell aufzufinden. Von einer leuchtenden Spur des Lebens und der Liebe ist auf den ersten Blick wenig zu entdecken.

Verbindet uns das nicht weit mehr, als es auf den ersten Blick scheint, mit den Jüngern am Ostermorgen? Schauen wir in die Dokumente unseres Glaubens, in die Schriften des Neuen Testamentes, aus denen wir eben gehört haben! Die grausame Hinrichtung Jesu am Kreuz hat seine Jünger und Freunde in die depressive Stimmung versetzt: Alles ist aus! Im Evangelium berichtet uns Johannes, wie Maria von Magdala das Grab des hingerichteten Jesus aufsucht. Die Krise verschärft sich: Zu ihrem Entsetzen findet sie das Grab offen und leer. Sie läuft zurück und meldet es den Jüngern. Petrus und Johannes machen sich eilends auf den Weg und finden – zur eignen Bestürzung – die Nachricht von Maria von Magdala bestätigt. Das Grab ist offen, der Leichnam fehlt. Doch dann heißt es von Johannes: "Er sah und glaubte" (Joh 20,8). Er erfasst den Zusammenhang und weiß: Der Herr ist nicht mehr tot, er ist auferstanden. Glauben geschieht mitten in der Ratlosigkeit, Bestürzung und Enttäuschung. Auch der Osterglaube der ersten Jüngerinnen und Jünger muss durch alle Phasen des vorsichtigen Fragens und Zweifelns. Der hl. Augustinus charakterisiert diesen Zustand treffend, wenn er mit Blick auf die ratlosen Jünger am Ostermorgen tiefsinnig formuliert: "Die künftigen Väter des Glaubens, die noch nicht Gläubige waren, [...] sie glaubten nicht an die Auferstehung dessen, der vor ihren Augen Tote auferweckt hatte. Sie glaubten noch nicht, obwohl sie schon schauten"1 Ja, der Glaube an Jesus Christus entsteht und reift; der Glaube wächst, auch in den Ruinen des Alltags. Das macht Mut, bewahrt uns vor Illusionen und erdet unseren Glauben!

Wir, liebe Schwestern, liebe Brüder, brauchen ebenso wenig die Augen vor den Realitäten der Welt zu verschließen, um glauben zu können, wie es die Apostel taten. Wir wissen um die tiefe Sehnsucht im Herzen jedes Menschen nach Frieden und Gerechtigkeit, nach Arbeit, Anerkennung und Zuwendung. Jede und jeder möchte glücklich und zufrieden sein. Zugleich sehen wir aber auch, dass die Wirtschaftskrise und ihre Auswirkungen für viele Menschen wirklich Bedrohung genug ist. Wir brauchen uns nur vor Augen zu führen, was die Gefährdung ganzer Wirtschaftszweige etwa für junge Familien bedeutet. Wie sollen Langzeitarbeitslose gerade in den am schwersten betroffenen Regionen jemals wieder eine Perspektive sehen? Das alles ist schlimm genug. Aber was, freilich auf andere Art und Weise, noch viel mehr frustriert: Viele derer, die Verantwortung getragen haben, werden als moralisch und ethisch korrumpiert erlebt; von einer Gier nach immer mehr infiziert, lassen sie keinerlei Solidarität mehr erkennen mit den vielen Menschen, die tagtäglich ihre Arbeit verlässlich und verantwortungsvoll tun. Man merkt, wie hier sogar die Sprache zerbricht: Das lateinische "bonus" bedeutet ursprünglich "gut" und "gerecht" und war ein Grundbegriff jeder ethischen Orientierung. Eine "Bonus-Zahlung" für jene, die das, wofür sie einmal Verantwortung übernommen hatten, heruntergewirtschaftet und sogar an die Wand gefahren haben, ist aber eindeutig "schlecht" und "ungerecht". Wenn Verantwortungsträger sogar die Sprache korrumpieren, dann sind wir in der Realität des Jahres 2009 angekommen.

Wir könnten, die Liste der Sorgen und Nöte fast endlos erweitern. Wir spüren es alle: Es ist die große Versuchung der Gegenwart, die Grundstimmung der Enttäuschung über alles dominieren zu lassen. Nicht wenige sagen: "Es hat doch eh alles keinen Zweck"; "Die, die Macht und Geld haben, denken eh nur an sich; in der Kirche machen sie es auch nicht besser und unsere Jugendlichen haben auch keine Perspektiven." Es ist dieser ganz eigentümlich skeptische Pessimismus, der sich als Realismus ausgibt und alles grau in grau einzufärben droht. Immer wieder sehen wir Christen uns der Frage gegenüber: Wie kann jemand, der die Wirklichkeit sieht, wie sie ist, glauben, dass Jesus Christus von den Toten auferstanden ist? Doch ich meine, wir müssen die Frage wenden: Wie kann man heute, inmitten der Not und Krisen überhaupt leben, ohne an Jesu Christi Auferstehung und Gottes Nähe zu glauben? Christen sehen eben nicht nur die Leinenbinden; nein, wir sehen und glauben an den auferstandenen Herrn.

Die Diskussionen der vergangenen Monate haben mir noch einmal neu die programmatische Bedeutung des Zweiten Vatikanischen Konzils vor Augen geführt. Ganz und gar österlich gefärbte Begriffe wie "Lumen gentium""Licht der Völker" und "Gaudium et spes""Freude und Hoffnung" sind es, die seine Grundatmosphäre bestimmen. Das Konzil hat es verstanden, von einer österlich-erlösten Perspektive aus die Welt wahrzunehmen und zu deuten. Das ist etwas deutlich anderes als der skeptische und pessimistische Realismus, den ich eben skizziert habe. Denn es ist ein Realismus, der in allem und jedem, auch in der größten Enttäuschung und Herausforderung, mit der Realität Gottes rechnet, mit der Realität jenes Gottes, der die Wirklichkeit des Karfreitages in unserer Welt nie verdrängt hat.

In diesen Tagen jährte sich zum 25. Mal der Todestag von Karl Rahner, des Freiburger Theologen, der wie wenige andere die Arbeit dieses Konzils mitgeprägt hat. Von ihm kommt mir ein Wort in den Sinn, das mich zurzeit herausfordert, ja provoziert. Wenn Gott Mensch geworden ist und weil Christus sich für die Menschen hingegeben hat, "ist es", so Karl Rahner wörtlich, "der Theologie verwehrt, vom Menschen gering zu denken. … Der Mensch ist in Ewigkeit das ausgesagte Geheimnis Gottes."

Ich gestehe, dieser Satz ist für mich eine Herausforderung – gerade heute! Aber ich meine, Karl Rahner hat ganz und gar Recht! Weihnachten und Ostern sagen uns: Wir dürfen nicht aufhören, groß vom Menschen zu denken. Gerade wir als Christen nicht.

Ich möchte gerne mit Ihnen von diesem herausfordernden Gedanken her auf die Botschaft des Osterfestes schauen. Die Worte, die der Apostel Paulus an die Christen von Korinth geschrieben hat und die wir vorhin gehört haben, können uns eine Hilfe sein. Erinnern wir uns! Paulus schreibt: "Ihr wisst, dass ein wenig Sauerteig den ganzen Teig durchsäuert" (1 Kor 5,6). Das biblische Bild aus dem häuslichen Umfeld erschließt sich uns auch heute. Es trifft das, was wir vorhin analysiert haben: Oft sind es wenige Menschen oder einige wenige ethische Grundhaltungen, die eine ganze Gesellschaft prägen und ihr Gestalt geben – im guten und positiven ebenso, wie leider auch im schlechten und destruktiven Sinn. "Schafft den alten Sauerteig weg …" (1 Kor 5,7). Paulus weiß, wann Eindeutigkeit, wann Aufbruch, wann Neuanfang gefragt ist. Er erinnert mit seinem biblischen Bild an den frommen jüdischen Brauch, zum Paschafest allen alten Sauerteig aus dem Haus zu schaffen. Dieser Brauch verweist zurück auf das ungesäuerte Brot, das die Israeliten vor der Flucht aus der Sklaverei gegessen hatten.

Wir sind mit dieser Symbolik an einem Kernpunkt paulinischer Theologie, die von einem geradezu bestechenden Gottvertrauen geprägt ist. Wie wenige andere weiß Paulus um die gottgeschenkte Dialektik von Ohnmacht und Gnade. Das Bild vom Sauerteig steht für die Kraft von Menschen, die Wirklichkeit zu prägen und zu durchdringen. Wenn etwas groß ist im Menschen, dann ist es seine Sehnsucht nach Ganzheit, nach Erfüllung. Und wenn etwas gefährdet ist im Menschen, dann ist es die Art und Weise, wie seine Sehnsucht Gestalt findet, und wie sie sich ausprägt und formiert. Nüchtern und schonungslos spricht Paulus vom "Sauerteig der Bosheit und Schlechtigkeit" (1 Kor 5,8). Das ist paulinischer Realismus pur. Und genau hier finden wir etwa jene hochbegabten, bisweilen genialen Wirtschaftsführer, deren großartige Sehnsucht und Fähigkeit, die Wirklichkeit mit ihren Möglichkeiten und Ihrem qualifizierten Können zu gestalten, zu formen und zu prägen, verkommen ist zur billigen Gier. Und hier finden wir auch uns, wenn wir nur an uns und unseren Gewinn denken und zu wenig an die anderen und das Ganze unserer Gesellschaft.

Ja, der Sauerteig kann schnell zum "Sauerteig der Bosheit und Schlechtigkeit" verkommen. Wer kann sich etwa freisprechen von der Gier? Müssen wir nicht feststellen, dass auch wir, dass die breite Mehrheit unter uns gehofft hat, immer mehr zu bekommen? Wie viele unter uns sind der Versuchung erlegen, mit Geldanlagen 15 oder gar 25 Prozent Gewinne machen zu können? – Ohne aber zu fragen, wer dies erwirtschaften, wer dies letztlich bezahlen soll! Wir alle haben Grund nachdenklich zu werden, umzukehren und nach dem zu fragen, was wirklich trägt und in die Zukunft führt, statt zu resignieren. Die angemessene Konsequenz, heißt nicht: frustriert zu verharren, sondern die Gesellschaft mit dem Zeugnis der Aufrichtigkeit und Wahrheit zu durchwirken!

Es gibt bei Paulus eben jene Dialektik von Ohnmacht und Gnade, die für mich die Höchstform des christlichen Realismus ist: Ja, menschliche Sehnsucht kann grausam scheitern – das ist und bleibt eine Wahrheit. Aber ist nicht längst ein neuer Anfang gemacht worden? Wir brauchen den alten Sauerteig doch eigentlich überhaupt nicht mehr: Schafft ihn weg! Ihr seid ja schon etwas ganz anderes geworden: "Ihr selbst seid ja schon ungesäuertes Brot", also jenes Brot, mit dem unsere Väter und Mütter aus der Sklaverei aufgebrochen sind. "Ihr seid ja schon ungesäuertes Brot; denn als unser Paschalamm ist Christus geopfert worden" (1 Kor 5,7). Wir dürfen unser Fest daher feiern "mit den ungesäuerten Broten der Aufrichtigkeit und Wahrheit" (1 Kor 5,8).

Was wir hier hören, dürfen wir nicht unterschätzen: "Aufrichtigkeit und Wahrheit", das sind Dimensionen des Lebens, die uns als gestaltende Möglichkeiten und Kräfte zugetraut werden. Hier kommt wieder jener höhere Realismus zum Tragen, der Paulus so eigen ist und seine Wurzeln in der Botschaft von Ostern hat. Die Auferstehung Jesu Christi bringt den Durchbruch durch die Mauer von Resignation, Misstrauen und Verzweiflung. Das ist keine Illusion oder eine Hoffnung, die vertröstet, sondern Kraft und Mut, unser Leben ganz im Sinne Jesu zu gestalten und zu prägen. Denn was sonst meint der Apostel Paulus, wenn er in seinem Brief an die Gemeinde in Kolossä schreibt: "Ihr seid mit Christus auferweckt" (Kol 3,1)? Wir sind eben nicht nur Hörer einer Botschaft, nicht Zuschauer einer Begebenheit vor 2000 Jahren; nein, wir sind als Getaufte Beteiligte; Christen sind österliche Menschen. Was heißt das? Es heißt in scheinbar ausweglosen Situationen, wo man der Verzweiflung nahe ist, die Hoffnung nicht aufzugeben, sondern nach dem Willen Gottes zu fragen. Es heißt, zwischen den vielen Sackgassen, den weiterführenden Weg zu entdecken. Aus der Verbundenheit mit Jesus Christus will jedem Menschen die Kraft zuwachsen, die all die Frauen und Männer erfüllt hat, die in den Jahrhunderten vor uns, die Botschaft des Evangeliums gelebt, bezeugt und weitergegeben haben. Eine Kraft, die man zuvor nicht für möglich hielt – schon gar nicht angesichts eines leeren Grabes. Doch es kam anders: Als etwa Paulus unter der Last der Verfolgung durch staatliche Behörden und unter dem Joch der Streitigkeiten in den Gemeinden fast zusammenzubrechen droht, macht er eine Erfahrung, die sein Leben in jeder Situation trägt und die er so beschreibt: "Gott hat uns aus dieser Todesnot errettet und rettet uns noch; auf ihm ruht unsere Hoffnung, dass er uns auch in Zukunft retten wird" (2 Kor 1,10).

Hier werden österliche Dimensionen sichtbar – Hoffnung, Vertrauen –, die lebens-, ja überlebensnotwendig sind. Es stimmt mich hoffnungsvoll, wenn in der Finanzmarktkrise ein ganz neues Schlüsselwort auftaucht. Wo man sonst nur von Aktienkursen, Zinssätzen, Renditen und Zinsgewinnen sprach, spricht man heute von Vertrauen. Weil eine Bank der anderen nicht traut, nicht glaubt – lateinisch: non credit – gibt sie ihr keinen Kredit mehr. Es wächst ein Gespür dafür, was unsere Gesellschaft wirklich prägen, formen und bestimmen soll. Wir leben davon, dass der eine dem anderen vertraut, dass wir einander vertrauen. Hoffnung und Vertrauen sind die entscheidenden Haltungen zur Überwindung der gegenwärtigen Krise. Hoffnung und Vertrauen sind auch die Schlüssel der Kirche auf dem Weg durch die Zeit. Im Vertrauen auf das Zeugnis der ersten Jüngerinnen und Jünger trägt die Kirche die Botschaft von der Auferstehung Jesu durch die Jahrtausende. Indem wir mit glaubendem Herzen dieses Zeugnis annehmen, erfahren wir nicht nur von seiner Auferstehung vor zweitausend Jahren. Nein, es geschieht viel mehr: Der Auferstandene nimmt auch uns in seine Lebensgemeinschaft auf. Er wird zur Mitte unseres Lebens. "Nicht mehr ich lebe, Christus lebt in mir" (Gal 2,20), so bekennt der Apostel Paulus von sich, nachdem er dem Auferstandenen begegnet ist. Jesus Christus lässt uns teilhaben an seinem österlichen Leben, so dass er auch in uns zu leben beginnt, und unser Leben zu einem Zeugnis der Hoffnung wird. Die Welt und die Menschen brauchen nichts nötiger als dieses Zeugnis. Denken wir etwa an die Menschen in Italien, die durch das schwere Erdbeben ihr Obdach, ihre Hab und Gut oder gar ihre Angehörigen verloren haben. Oder rufen wir uns Erinnerung: Wie viele leiden darunter, dass in unserem Dasein alles berechnet, verzweckt und nur noch effizient gestaltet wird? Wie müssen sich Pflegekräften fühlen, die im Minutentakt ihre Aufgabe zu erledigen haben und für die es kaum noch die Möglichkeit gibt für ein persönliches Wort und menschliche Zuwendung? Oder wie muss es all jenen ergehen, die in den vergangenen Wochen und Monaten erfahren mussten, dass sie vom eigenen Arbeitgeber überwacht und bespitzelt wurden? Wir spüren: Da durchwirkt der Sauerteig des Misstrauens und der gegenseitigen Verdächtigungen unser Land. Da werden Vorurteile geschürt und Mauern gebaut, statt Brücken und Wege zueinander. Unser Glaube an den Auferstandenen sagt uns: Kontrolle ist gut, aber Vertrauen ist besser! Ja, Hoffnung und Vertrauen sind österliche Haltungen und machen ernst damit, dass wir nicht aufhören, groß vom Menschen zu denken. Sie geben uns Kraft, aktiv zu handeln – und dies gemeinsam im Vertrauen auf Gottes Hilfe und im Vertrauen aufeinander.

 

 

 

 

Liebe Schwestern, liebe Brüder!

Bei meinem Besuch beim Heiligen Vater vor einem Monat in Rom habe ich eine starke Verbundenheit mit ihm empfunden. Er ist ein Mensch, der genau das zutiefst spürt, welche Kraft aus dem Glauben erwächst und welche Möglichkeiten der Glaube eröffnet. Sich auf Gott einzulassen, ist etwas Großartiges und befreit den Menschen zu seinen höchsten Möglichkeiten. Bereits in den sechziger Jahren hat mich die Lektüre der "Einführung ins Christentum" des Konzilstheologen Professor Joseph Ratzinger bewegt. Wie er immer wieder den "Dialog Gottes mit dem Menschen" beschreibt, ist großartig. In diesem Dialog, so schon der junge Professor, gehe es nicht darum, "etwas und vielerlei zu sagen". Vielmehr, einzig und allein solle, so Joseph Ratzinger, "durch das Wort hindurch die Liebe sichtbar werden", die Liebe Gottes zum Menschen. "Alles", so formulierte er damals mit den Worten von Karl Rahner, sei "gegeben im Sohn der Liebe", in Christus, "in dem Gott und Welt eins geworden sind"2.

Und gerade von dieser Erfahrung wird der Heilige Vater auch heute nicht müde zu erzählen. Gerade deswegen thematisiert er immer wieder das Ideal und gerade deswegen ist er realistischer als viele, die nicht der Gnade vertrauen. Er weiß um die gottgegebenen Möglichkeiten des Menschen. Ich erinnere an dieser Stelle nur, was er vor kurzem den jungen Menschen in Angola zugerufen hat; er könnte es auch uns hier sagen: "Das Leben hat nur einen Wert, wenn ihr Mut zum Abenteuer und Gottvertrauen habt. … Setzt den Heiligen Geist, die Kraft aus der Höhe, in euch frei. Riskiert … diesen Sprung ins Endgültige und gebt damit dem Leben eine Chance!"

Liebe Schwestern und Brüder! Auch und gerade die Begegnung mit dem Heiligen Vater macht mir Mut, unseren österlichen Satz noch einmal zu wiederholen: Wir dürfen nicht aufhören, groß vom Menschen zu denken! Wir sind von Gott geliebt, angenommen und erlöst. Diese Botschaft geht von Ostern aus. Sie macht Mut und schenkt Zuversicht und klingt weit hinein in den Alltag. Amen.


Dr. Robert Zollitsch

Erzbischof von Freiburg

Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz



 

1 Augustinus: Der Auferstandene, unser neues Leben. Frühchristliche Reden zur Osterzeit, Düsseldorf 1967, 142.


2 Joseph Ratzinger, Einführung ins Christentum, München 1968, 215.