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„Großes Hoffnungspotenzial“

Bamberger Erzbischof Schick zieht Bilanz der Bischofssynode

Mit einem Gottesdienst im Petersdom hat Papst Benedikt XVI. am Sonntag die Afrika-Synode beendet. Drei Wochen lang beschäftigten sich die mehr als 200 Synodalen mit dem Thema "Die Kirche in Afrika im Dienst von Versöhnung, Gerechtigkeit und Frieden". Aus Deutschland war der Bamberger Erzbischof Ludwig Schick zu den Beratungen nach Rom gereist. Im Interview mit der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) zieht er eine positive Bilanz.

KNA: Herr Erzbischof, die Synode ist zu Ende. War sie ein Erfolg?

Schick: Eine Synode ist nicht nur dadurch erfolgreich, dass sie gute Papiere verabschiedet. Sie ist ein Ereignis in sich. Es kommen Bischöfe, Ordensleute und Laien zusammen, die über eine Kirche – hier über die von ganz Afrika – diskutieren; die erleben, dass dort Kirche ist, lebt und wirkt. Das ist ein ganz wichtiges Ereignis und ein großartiges Erlebnis, das nachhaltig wirkt.

 

KNA: Was ist der thematische Ertrag der Synode?

Schick: Die Synode hat zum Abschluss eine gute Botschaft an die Kirche in Afrika und in aller Welt gerichtet, die zentrale Themen der Beratungen zusammenfasst. Sie fordert dazu auf, für Versöhnung, Gerechtigkeit und Frieden in Afrika noch größere Anstrengungen zu unternehmen. Sie richtet sich an den Bildungssektor, das Gesundheitswesen, an die Hilfs- und Entwicklungsarbeit auf unterschiedlichsten Feldern, an die Christen in der Politik und allen übrigen gesellschaftlichen Bereichen. Wir haben dem Papst diese Botschaft und alle übrigen Materialien der Synode übergeben. Er wird daraus, gemeinsam mit dem von der Synode gewählten Bischofsrat, ein Schlussdokument erstellen, das weitere Impulse für die Kirche Afrikas und die Weltkirche geben wird.

 

KNA: Kamen bei der Synode die wichtigsten Probleme Afrikas zur Sprache und wurden sie auch konkret behandelt?

Schick: Auf jeden Fall. Die Synode hat gezeigt, dass die Afrikaner Probleme frischer, engagierter und mutiger ansprechen als wir Europäer. Sie widmete sich innerkirchlichen Problemen der Aus- und Fortbildung von Priestern und Ordensleuten. Die Bischofsversammlung befasste sich mit Mängeln im Gesundheitswesen, mit den vielen Konflikten zwischen den tausenden Stämmen, Völkern und Sprachfamilien Afrikas. Es ging um Probleme der Emigration, um Aids und die anderen Felder der Krankenfürsorge. Sie sprach die Wirtschaftskrise, den Neokolonialismus und die Klimaveränderungen an, die Afrika ganz besonders betreffen; auch die Korruption und schlechte Regierungen.

 

KNA: Das klingt nach viel Kritik und Klagen über Mängel und Missstände.

Schick: Keinesfalls. Es war keine Synode, die lamentierte und nur Mängel beanstandete. Die Synodalen haben deutlich gemacht, dass Afrika ein reicher und schöner Kontinent ist, der viele Naturschätze hat, und – noch wichtiger – über viele junge Menschen verfügt, die den Kontinent aufbauen können und wollen. Darin steckt ein großes Hoffnungspotential.

 

KNA: Zu den Schwerpunkten gehörten die katholische Soziallehre, aber auch der interreligiöse Dialog. Wie konkret war die Synode dazu?

Schick: Die Synode hat konkret dazu aufgefordert, in allen Diözesen interreligiöse Dialoggruppen zu bilden. Dieser Dialog darf freilich nicht nur auf wissenschaftlicher Ebene geführt werden. Es muss ein Dialog des Lebens sein, der die Menschen befähigt, sich vor Ort über ihre religiösen Auffassungen und die ethischen Folgen daraus auszutauschen. Er muss dazu anhalten, dass die Bürger trotz unterschiedlichen Glaubens in Frieden und guter Nachbarschaft leben und sich gegenseitig unterstützen. Natürlich muss auch der ökumenische Dialog weitergeführt werden. Im Bereich der Umweltproblematik ging es dann besonders um die gerechte Verteilung von Wasser – als Trinkwasser und für die Bewässerung von Feldern –, damit die Menschen ausreichend Nahrung bekommen. Denn eines der größten und wachsenden Probleme Afrikas ist die Versorgung mit Grundnahrungsmitteln. Die christliche Soziallehre soll mehr durch Schulen, Universitäten und Akademien verbreitet werden.

 

KNA: Auch mit dem Problemfeld Aids hat sich die Synode beschäftigt. Mit welchen Ergebnissen?

Schick: Das Thema Aids, so haben vor allem die anwesenden afrikanischen Wissenschaftler und Ärzte gefordert, muss umfassend angegangen werden. Dazu gehört die Überwindung von Armut ebenso wie die Stärkung der Rolle der Frau in der afrikanischen Gesellschaft – samt mehr Bildung und Informationen. Äußerst wichtig ist die bestmögliche Behandlung der Aidskranken und die Wahrung ihrer Würde.

Die Krankheit darf nicht verdrängt, die Infizierten dürfen nicht ausgegrenzt werden. Über Aids muss offen und in der Öffentlichkeit gesprochen werden. Wichtig ist, wie die Afrikaner deutlich gemacht haben, die Einstellung zur Sexualität: Treue in der Ehe, Enthaltsamkeit vor der Ehe. Nur so kann das Aids-Problem auf Dauer gelöst werden.

 

KNA: Hat die Synode Ihr Afrikabild verändert?

Schick: Ja. Ich war schon oft in Afrika, aber immer nur in einzelnen Ländern. Hier habe ich zum ersten Mal Afrika und seine Menschen von Algerien bis zum Kap, von Tansania bis Kamerun und Senegal gemeinsam erlebt. Das war für mich eine Neuigkeit – und ein wichtiger Ertrag dieser Synode. Wir Europäer nehmen Afrika immer nur partiell wahr.

Aber ich bin überzeugt, dass diese Erfahrung auch für die meisten Synodalen aus Afrika neu war.

 

KNA: Was nehmen Sie aus der Synode mit nach Deutschland, in die Bischofskonferenz? Sehen Sie neue Dringlichkeiten?

Schick: Vor allem, dass Afrika ein Kontinent der Hoffnung ist. Dann hat die Synode für mich drei Themenbereiche besonders deutlich gemacht, in denen wir uns mit unseren Mitteln noch stärker engagieren müssen. Erstens im Bereich der Evangelisierung.

Evangelisieren bedeutet, die Menschen mit Jesus Christus und seiner Botschaft vertraut machen, um ihnen dadurch das Leben in Fülle zu ermöglichen. Das Evangelium bringt Versöhnung, Gerechtigkeit und Frieden. Hierbei müssen auch unsere Hilfswerke helfen, vor allem missio und Misereor.

Ein zweiter Bereich ist die Ernährung. Wir müssen alles tun, damit die Menschen in Afrika genügend zu essen haben. Das ist die Basis für die Entwicklung allen Lebens. Hier spielen auch die Fragen fairen Handels, der Nutzung der Naturressourcen und der Klimaschutz eine wichtige Rolle. Darauf aufbauend braucht es drittens Bildung und mehr Einsatz im Gesundheitswesen. Bildung ist der wichtigste Schritt zur Entwicklung.

Das Interview führte Johannes Schidelko, KNA

Quelle: KNA, 25. Oktober 2009