| Pressemeldung | Nr. 178

Siebter Welttag der Armen am 19. November 2023

„Wenn jeder an sich selbst denkt, ist eben nicht an alle gedacht“

Am Sonntag, 19. November 2023, begeht die katholische Kirche zum siebten Mal den Welttag der Armen, den Papst Franziskus ins Leben gerufen hat. Zu diesem Tag erklärt der Vorsitzende der Kommission für caritative Fragen der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Stephan Burger (Freiburg):

Papst Franziskus hat den Welttag der Armen in diesem Jahr unter ein Wort aus dem Buch Tobit gestellt: „Wende dein Gesicht von keinem Armen ab“ (Tob 4,7). In seiner Botschaft bringt er uns die Geschichte von Tobit im gleichnamigen Buch des Alten Testaments und die Mahnungen an seinen Sohn Tobias näher. Tobit lebt in der assyrischen Gefangenschaft ein Leben in Gottesfurcht und Nächstenliebe. Er hilft Menschen mit Nahrung und Kleidung und kümmert sich um die Begräbnisse von achtlos auf die Straße geworfenen Verstorbenen seines Volkes. Als er nach einem solchen Begräbnis erschöpft im Hof einschläft, verliert er durch ein Unglück sein Augenlicht. Dieser Schicksalsschlag lässt Tobit jedoch nicht verzweifeln, sondern – so beschreibt es uns der Heilige Vater – „wird zu seiner Stärke, sodass er die vielen Formen der Armut um ihn herum noch besser erkennen kann“. Bevor er seinen Sohn Tobias nach Medien aussendet, gibt er ihm seine Lebenserfahrungen mit auf den Weg. Er ermahnt ihn, ein Leben zu führen, das ausgezeichnet wird von der Hilfe für die Armen. In dieser Situation fällt der zentrale Satz: „Wende dein Gesicht von keinem Armen ab“.

Unsere Zeit ist geprägt von vielen Unwägbarkeiten, Sorgen und Krisen. Kriege, Katastrophen und wirtschaftliche Schieflagen haben globale Auswirkungen und betreffen eine Vielzahl von Menschen. Hinzu kommen die Schicksalsschläge und Herausforderungen, die jeden Einzelnen individuell treffen und oftmals gravierende Auswirkungen haben können. Ein unbeschwertes Leben ist für viele Menschen derzeit nur schwer möglich. Manche leben bereits seit Jahren in Not und Elend. Wir alle werden beschäftigt von unseren eigenen Problemen und Herausforderungen unterschiedlicher Schwere und wir versuchen, diese so gut es geht zu bewältigen. Die Worte des Papstes sollen uns dazu anhalten, auch in diesen Phasen der eigenen Belastung den Blick für den Nächsten nicht zu verlieren, ihn nicht zu übersehen und schon gar nicht bewusst wegzusehen. Er fordert uns auf, weiterhin füreinander da zu sein und selbst tätig zu werden in der Hilfe für die Ärmsten und Bedrängten.

Er richtet damit keinen geringen Anspruch an uns. Gleichzeitig ist diese Mahnung richtig und notwendig. Verdecken unsere eigenen Herausforderungen doch allzu leicht die Sorgen und Nöte der anderen. Solidarität und Mitgefühl mit unserem Nächsten werden gerade in schwierigen Zeiten gebraucht. Sie sind ein wichtiger Bestandteil dessen, was wir als Mitmenschlichkeit bezeichnen. Denn wenn jeder an sich selbst denkt, ist eben nicht an alle gedacht. Und niemand ist niemals auf andere angewiesen. Der Papst verlangt dabei nicht von uns, über unsere Kräfte hinauszugehen, um zu helfen, aber die Kräfte einzusetzen, die wir haben. Papst Franziskus weist darauf hin, dass diese Nächstenliebe allen Menschen, ungeachtet der Hautfarbe, des sozialen Status oder der Herkunft, zu gelten hat und jedem Armen und jeder Armut zu begegnen ist. Ich möchte ebenfalls betonen, dass christliche Nächstenliebe sich ausschließlich an der Bedürftigkeit des Nächsten orientieren darf und nicht daran, wie nah uns bestimmte oder vermeintliche Eigenschaften oder Zuschreibungen des Nächsten sind. Es geht darum, dass wir uns dem Bedrängten zum Nächsten machen, nicht darum, wie vermeintlich nah uns dieser Nächste ist.

Besonders betont der Papst die Notwendigkeit, sich Kindern und Jugendlichen zuzuwenden, die „dem gegenwärtig stattfindenden kulturellen Wandel am schutzlosesten gegenüberstehen“. Auch in Katastrophen und Kriegen sind es die Jüngsten, „die einer unbeschwerten Gegenwart und einer würdigen Zukunft beraubt sind“. Ich unterstütze den Papst in seinem Aufruf, alles zu versuchen, „damit sich der Friede als Geschenk des auferstandenen Herrn und als Frucht des Einsatzes für Gerechtigkeit und Dialog behaupten kann“ und weiß viele Gläubige vereint im Gebet für Frieden und Versöhnung in den Kriegs- und Konfliktregionen dieser Welt. Das Heilige Land und die Ukraine sind dabei zurecht besonders in unserem Blick, doch gibt es zahlreiche weitere Regionen und Orte, die von Gewalt erschüttert werden und die wir nicht übersehen sollten.

Gemeinsam mit dem Papst bin ich dankbar dafür, dass viele Menschen in Deutschland und der Welt bereits heute tagtäglich für Menschen in Armut da sind. Sie tun dies in den Pfarrgemeinden oder unserer Caritas, im Haupt- oder Ehrenamt, dauerhaft oder zu einem konkreten Anlass. Sie leisten einen wertvollen Liebesdienst für die Armen und für die gesamte Gesellschaft, deren Zusammenhalt im besonderen Maß vom Engagement ihrer Mitglieder für die Schwachen und Geplagten abhängt. Manches geschieht dabei sichtbar, vieles jedoch in Stille und ohne Applaus. Als Gesellschaft, die auf diese Menschen angewiesen ist, tun wir gut daran, sie in ihrer Arbeit zu unterstützen und in Staat und Kirche kontinuierlich zu überprüfen, welche Hemmnisse bestehen, die andere davon abhalten, sich ebenfalls zu engagieren, obwohl sie die Sorgen und Nöte der Menschen sehen und handeln möchten.

In der zweiten Jahreshälfte und insbesondere in diesen Wochen vor Weihnachten gedenken wir verschiedener Heiliger, die durch ihre Taten gegenüber Armen und Benachteiligten beispielhaft für uns sein können – der hl. Elisabeth, deren Gedenktag in diesem Jahr mit dem Welttag der Armen zusammenfällt, aber auch der hl. Teresa von Kalkutta, dem hl. Vinzenz von Paul, dem hl. Franziskus, dem hl. Martin oder dem hl. Nikolaus. Sie alle zeichnet auf ihre je eigene Art aus, dass sie ihre Augen und Herzen nicht vor dem Leid verschlossen haben, das sie sahen. Sie haben stattdessen die Herzen und Arme geöffnet und Hilfe geleistet. Ihre Taten können uns zusammen mit den Worten des Papstes inspirieren, dass auch wir unsere Augen nicht von den Armen abwenden, sondern ihre Nöte sehen und dann handeln.
 

Hinweis:

Weitere Informationen sind auf der Themenseite Welttag der Armen verfügbar.

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