| Pressemeldung | Nr. 189

Hotline der Deutschen Bischofskonferenz für Opfer sexueller Gewalt legt Zwischenbericht vor

Die Deutsche Bischofskonferenz hat einen Zwischenbericht ihrer Hotline für Opfer sexueller Gewalt vorgelegt. Danach wurden von März bis Mitte Oktober diesen Jahres 3.431 Gespräche am Telefon geführt und 213 Internet-Beratungen in Anspruch genommen. 22.845 Menschen informierten sich über das Angebot unter www.hilfe-missbrauch.de. Grundlage des Zwischenberichts sind 1.325 Basis-Erhebungsbögen sowie 245 Zusatzerhebungsbögen mit statistischen Daten zu den Beratungen am Telefon und im Internet. Die bundesweite Hotline für Opfer sexueller Gewalt ist ein Angebot, das die Lebensberatung im Bistum Trier (integrierte Erziehungs-, Ehe-, Familien- und Lebensberatung) im Auftrag der Deutschen Bischofskonferenz durchführt.

Laut Auswertung haben 664 Nutzer der Hotline Sexualdelikte thematisiert, die im kirchlichen Umfeld stattfanden. 432 davon wurden durch Priester oder Ordensleute begangen. 393 Sexualdelikte wurden benannt, die nicht im kirchlichen Umfeld verübt wurden. Täter waren hier z. B. Lehrer in staatlichen Schulen und Internaten, Familienangehörige oder Verantwortliche im Verein. 16,1 Prozent aller Opfer gaben an, einmal missbraucht worden zu sein. 69,8 Prozent seien mehrmals und 14,1 Prozent andauernd missbraucht worden. Rund 97 Prozent der Anrufenden berichteten, zum Tatzeitpunkt katholisch gewesen zu sein. Gut 12 Prozent betonten, dass sie inzwischen aus der Kirche ausgetreten seien.

Viele Menschen nutzten die Hotline als weiterführenden „Türöffner“: 46 Prozent informierten sich etwa über beraterisch-therapeutische Angebote, etwa für männliche Opfer oder Paarberatung. Knapp 34 Prozent der Anrufer wurden an die zuständigen Diözesan- und Ordensbeauftragten zu Fragen des Missbrauchs weitergeleitet. 9,2 Prozent wollten Informationen zu Rechtsberatung. Rund 8,8 Prozent wurden an die Heimkinder-Hotline der Deutschen Bischofskonferenz überwiesen. Das Thema „Entschädigung“ sprachen 6,4 Prozent der Anrufenden an. Die häufigste Begründung neben der eigenen Not, die die Beraterinnen und Berater am Telefon für die Anrufe hörten, war: „..., damit sich das heute nicht mehr wiederholt.“

In den Gesprächen zeigte sich laut Beratern deutlich, dass die Menschen, die Opfer sexualisierter Gewalt wurden, eine differenzierte Gruppe darstellen. Sie reicht von Personen, die angaben, lebenslang unter Schädigungen durch schwere sexuelle Traumatisierungen zu leiden oder psychiatrische Probleme zu haben, bis zu solchen, deren Verletzungen erkennbar gut geheilt und bewältigt wurden. Die Entscheidung hat sich bewährt, die Hotline mit beraterisch-therapeutisch ausgebildeten psychologischen und sozialpädagogischen Fachkräften zu besetzen. Welche schwerwiegenden Verletzungen zugefügt wurden, zeigt sich daran, dass Delikte mehrheitlich aus den 50er, 60er und 70er Jahren benannt wurden, die strafrechtlich verjährt sind.

Hinsichtlich der von Opfern beschriebenen Täterstrategien zeigte sich kein grundverschiedenes Profil zwischen kirchlichem und nicht-kirchlichem Bereich. Im Vergleich zu internationalen Studien ist der Anteil der Männer unter den Personen, die berichteten, selbst Opfer von sexueller Gewalt durch kirchliche Mitarbeiter geworden zu sein, zwar geringer. Er liegt aber mit 50,6 Prozent (52,1 Prozent bei denen, die angaben, dass der Täter Priester war) über jedem bisher aus wissenschaftlichen Studien in Deutschland bekannten Anteil.

Es scheint sich insgesamt die Frage nach einer durchgehenden kirchlichen Aufmerksamkeits- und Transparenzkultur zu stellen, wie sie auch von anderen professionellen Berufsgruppen im personennahen Bereich (Ärzte, Anwälte, Berater usw.) gefordert ist. Eine solche andere Kultur und ein besseres Eingehen entsprechen auch dem, was viele Opfer von der Kirche erwarten. Immer wieder wurde gewünscht, dass die Kirchenleitung die Straftaten an Kindern in ihrem ganzen Ausmaß und den verheerenden Auswirkungen zur Kenntnis nimmt, die Minderjährigen besser schützt und ihnen Hilfe anbietet. Die Hotline als parteiliches Angebot für Opfer wurde dabei als Schritt in die richtige Richtung begrüßt. Viele gaben an, zum ersten Mal ihre Scheu und Bedenken zu überwinden und über ihre Erfahrungen zu sprechen.

Die Berichte der Opfer gaben wertvolle Informationen für die präventive Arbeit in den Bistümern und Institutionen. Insbesondere fanden ihre Angaben auch Eingang in die Erstellung der Rahmenordnung Prävention, die die Deutsche Bischofskonferenz Ende September verabschiedet hat.

Die kostenlose Hotline (gebührenfrei aus dem deutschen Festnetz und Mobilfunknetz) ist dienstags, mittwochs und donnerstags von 13.00 Uhr bis 21.00 Uhr unter 0800-120 1000 erreichbar. Nähere Infos sowie Online-Beratung unter www.hilfe-missbrauch.de. Derzeit arbeiten vier Berater bei der Hotline, die bis September 2011 geschaltet sein soll.

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